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Stefanie

Die liebe Sonja hat nach Krebs-Mutmach-Geschichten gefragt – und ich glaube meine Geschichte könnte eine solche sein … aber lest selbst.

Im Dezember 2010 spürte ich jenen kleinen Knoten in meiner linken Brust, der schon längere Zeit unter ärztlicher Beobachtung stand und von meiner damaligen Gynäkologin als harmlose Milchdrüse befundet worden war. Er fühlte sich größer und fester an als zuvor und war mit ziehenden Schmerzen verbunden. Instinktiv wusste ich, dass diese Veränderung etwas Besorgniserregendes sein musste. Der Gedanke Brustkrebs schoss mir in den Kopf.

Die zahlreichen Untersuchungen, kurz vor meinem 43. Geburtstag, bestätigten den Verdacht und ließen meine Familie und mich in einem Schockzustand zurück. Meine beiden Töchter waren gerade 11 und 13 Jahre alt, beruflich hatte ich mich weg vom betriebswirtschaftlichen Finanzwesen hin zu Yoga und Meditation orientiert. Und dann diese unfassbare Diagnose.
Den Untersuchungsmarathon im Brustzentrum durchliefen mein Mann und ich gemeinsam, konzentriert und doch wie in Trance gehüllt. Ein falscher Film lief ab, ein Traum, der hoffentlich bald ein Ende nehmen würde.
Nach ein paar Wochen, die sich endlos anfühlten, startete die Therapie. Ein Port wurde unter ambulanter Betäubung gelegt und 16 Chemotherapien folgten, deren Nebenwirkungen ich mit Yoga, Walken, langsamem Joggen und Meditation zu Leibe rückte. Nach sechsmonatiger Therapie, ohne Komplettremission, folgte die beidseitige Brustamputation (die rechte Seite auf meinen Wunsch hin). Außerdem mussten eine Reihe befallener Lymphknoten in der Axilla entfernt werden. Die folgenden 28 Bestrahlungen überstand ich, entgegen der Erwartung aufgrund des angstschürenden Aufklärungsgespräches, gut. Im Anschluss bekam ich für ein weiteres Jahr eine Antikörperinfusion alle drei Wochen und eine Antihormontherapie für geplante zehn Jahre. Da ich immer versuchte, alle zusätzlichen Risiken im Hinblick auf das erneute Auftreten der Erkrankung zu vermeiden, ließ ich mir zunächst per Medikament auch die Funktion der Eierstöcke unterdrücken. Ich wollte alle hormonellen Einflüsse reduzieren und ließ mir nach einiger Zeit zur Sicherheit die Eierstöcke und die Gebärmutter entfernen.

Doch all das nützte leider viel zu kurz. Im Frühjahr 2014 traten starke, pochende Schmerzen im rechten Schulterblatt auf. Was ich anfänglich für eine Sportverletzung hielt, stellte sich aber leider als Knochenmetastasen heraus. Nicht nur mein Schulterblatt, sondern auch andere Bereiche der Wirbelsäule waren betroffen. Palliativpatientin war ich nun und damit unheilbar erkrankt.

Erneut traf uns ein Schock und war noch einschneidender als zuvor.

Bald war der schulmedizinische Weg klar und es wurde erneut ein Port gesetzt, um die nächste Chemotherapie einfließen zu lassen. Die Hormontherapie wurde umgestellt und ich bekam zusätzlich Antikörper als Doppelblockade, sowie ein Medikament gegen die Knochenmetastasen. Es ging nun um bestmögliche Lebensverlängerung. Die Studienlage zeigte ein mittleres, erwartbares, progressionsfreies Überleben von 15 Monaten. Mit 45 Jahren nicht gerade das, was man sich vom Leben erhofft.

Wenn man meine Geschichte bis hierhin liest, klingt sie vielleicht im ersten Moment nicht nach einer Mutmach-Geschichte, sondern nach der Beschreibung einer Kranken-Geschichte, was es ja auch definitiv ist. Aber ich glaube, ich hatte während der ganzen Zeit ganz viel Mut, diesen Weg unbeirrbar zu gehen. Ich habe alle meine Therapieentscheidungen immer gut durchdacht und ganz sicher getroffen, auch wenn sie oft über das Maß des Notwendigen hinausgingen. Vor allem habe ich keine einzige Entscheidung bereut und würde es immer wieder so machen.

Vielleicht beginnt meine Mutmach-Geschichte aber auch erst mit der Diagnose meiner Knochenmetastasen. Denn in diesem Moment entschied ich mich dazu, noch über die Schulmedizin hinaus, etwas tun zu wollen, dass vielleicht meine Prognose verbessern würde. Mein Mann und ich suchten nach wissenschaftlichen Quellen, die sich mit der Thematik beschäftigten und stießen auf die ketogene Ernährung. Die ketogene Ernährung ist eine fast kohlenhydratfreie und dafür sehr fettreiche Ernährungsform. Wir waren beide absolut überzeugt von deren Wirkweise und stellten noch während der Chemotherapie unsere komplette Ernährung um, auch ohne ärztlichen Rat. Ich hatte nichts mehr zu verlieren, außer meinem Leben.

Gegen alle Erwartungen bin ich nun seit 2014 ohne weiteren Progress, meine Metastasen in den Knochen sind alle wieder sklerosiert. Mein Onkologe spricht heute von Komplettremission und rät mir dazu, die Ernährung fortzuführen, was wir natürlich auf jeden Fall tun werden. Ich jogge, walke, wandere, mache Kraftsport, Yoga und Meditation, um alle Nebenwirkungen der Therapie, gut im Zaum zu halten. Ich habe meine Kraftquellen gefunden und höre auf meinen Körper.

Ich bin unendlich dankbar für meine Familie, die kleinen Dinge des Lebens, die Stabilität der Erkrankung und genieße jeden Augenblick. Das Leben ist immer noch wunderbar und auch metastasierte Geschichten können hoffentlich Mutmach-Geschichten für andere sein.

Seid lieb gedrückt,
Eure Stefanie